Archive für den Monat: Juli, 2015

als ob für sie etwas anderes vorgesehen, so sie ein unheil ereilt, in gestalt eines motorisierten wagens, eines brandes, der dürre, weil es an futter fehlt, an wasser, was bei menschen oft kaum anders, aber seltsamerweise verenden die nicht, doch tiere, gleich partisanen, irgendwo, unentdeckt, bis dann irgendwann, zu spät, immer zu spät …

Menschen kommen um oder zu tode (wer schickt sie, was treibt sie), werden an land gespült, finden den tod auf dem blatternarbigen boden der sahelzone, unter lawinen, schutt – von nahestehenden heißt es, daß sie von uns gegangen, ihr weg endet wo (wie unsere sprache versiegt, bei allem …

die zur Zeit laufende Debatte (oder eher Polemik?) zum Stellenwert der Lyrik in der Literatur wie in der Gesellschaft, um ihre Wahrnehmung und Bedeutung in der/ für die Öffentlichkeit, ihre Rezeption, birgt für mich kaum Neues. Was aber nicht bedeutet, daß ich sie nicht für notwendig erachte. Denn darin steckt auch das Bemühen, sich als künstlerische Existenz zu verorten. In ihren Grundzügen sind mir ihre Fragestellungen seit den Zeiten vertraut, da ich mich mit Gedichten zu beschäftigen begann, gegen Ende der 60er Jahre. Und ich vermag mich an etliche Auseinandersetzungen zu erinnern, die wir im Freundeskreis oder auf diversen Bezirks-Poetenseminaren, Werkstätten usw. führten, im Schatten von Debatten, die für die Protagonisten z.T. erhebliche Folgen gezeitigt hatten, wie beispielsweise jene in der ersten Hälfte der 60er, an der Dichter wie Reimann oder Endler beteiligt gewesen, noch unter den Argusaugen der ideologischen „Inquisition“, in Gestalt des Formalismusvorwurfs etwa (50er), oder des Vorwurfs, sich nicht genügend an den Maßgaben des Sozialistischen Realismus zu orientieren. Was wir uns da ein Jahrzehnt später lieferten, schien vor diesem Hintergrund harmlos …

Letztendlich ging es jedoch stets um die alte Frage nach der gesellschaftlichen Relevanz von Dichtung, ihrem Zweck, nach ihrer politischen Dimension (allgemein: der politischen Dimension von Kunst), wie politisch ein Gedicht sein sollte und ob ihm überhaupt ein Zweck unterstellt, es einer Dienstbarkeit unterzogen werden sollte. Wobei als das Politische wohl der Keim des Subversiven betrachtet wurde, den es in sich trägt oder selbst darstellt – die Frage z.B., ob es sich subversiv zum hegemonialen gesellschaftlichen Diskurs verhält oder sich von ihm formieren, vereinnahmen läßt. Wobei das Subversive hier in seiner Eigenschaft, sich untergründig zu bewegen, zu vollziehen, im Vordergrund stand. Es stellte in diesem Sinne eine Art Subtext zum hegemonialen Diskurs dar. Und der mußte nicht vordergründig politisch sein.

Jan Volker Röhnert erzählt im Anfang seines Essays „Film – Flirts in den Central-Lichtspielen“ (Verlagshaus J. Frank, Reihe poeticon) von seinen ersten Kinobesuchen, was mich an die eigene Initiation in Sachen Kino/ Film erinnert, im Alter von sechs oder sieben Jahren, eine Initiation, die im Probstheidaer Lichtspieltheater statthatte, vermutlich mit Slapsticknummern aus der Stummfilmära, die unter dem Titel „Als Lachen Trumpf war“ an den Wochenend-Nachmittagen zu sehen waren. Laurel & Hardy vor allem, mit ihren Possen, von denen manche mich statt zum Lachen zu Tränen rührten, wie etwa jene Szene, in der die Protagonisten beginnen, sich gegenseitig ihre Automobile zu zerlegen, Stück für Stück. Da gewann in mir ein Entsetzen Raum, eine Irritation ob dieses übergriffigen Geschehens, wiewohl das Ganze offensichtlich lächerlich – (das Licht, die Sonne, der alte Kommunarde aus dem Projektor …)

rückfall des zeitgenossen in alte muster, mit dem gefühl, die zeit länge sich und sein leben währte ewiglich, den tod hingegen mag er nicht schauen – großvater, vater: sarg zugeklappt, großmutter: urne, das bischen leben, was da stofflich noch, zugetragen …

die wagen am horizont, im morgenlicht insekten gleich, mit schillerndem flügel –

knurrende klaviere, wir liebten diesen tiefsten ton, der selten zu vernehmen, der mich an dunkel, schmutz, keller denken ließ, an dessen niedrige decke, von der die spinnweben, schwarz, in fetzen hingen …

wir liebten diesen ton, der ohne artikulation, gleich einem absterben, verröcheln, und empfanden es als draufgängerisch, ihn anzuschlagen, wieder und wieder, bis er verquollen in unserem gehör

das gehörte sich nicht, dieser laut, ihn zu löcken, wider wen, unbestimmt, was er vorstellte im reich der widerworte, die gegeben, die unser besitz, derer wir sicher, die uns verleugneten, denen wir entsprachen, morgendlicher blitz, aus mündern –